Dr. med. Ulrich Werth im Gespräch mit Michael Vogt.
Parkinson beginnt schleichend und häufig auch vom Patienten selbst zunächst unbemerkt. Die engste Umgebung von Betroffenen nimmt die ersten Signale der Krankheit oftmals eher wahr. Dazu gehören Muskelsteifigkeit, ein schlurfender, nach vorn gebeugter, langsamer Gang, ein Zittern der Hände und ein geradezu maskenartiger Gesichtsausdruck ohne viel Mimik.
Als Krankheitsausbruch vermutet man genetische Veranlagung und traumatische emotionale Erlebnisse wie zum Beispiel Partnerverlust als ein auslösendes Moment. Ebenso als Ursache kommt die weit verbreitete Arteriosklerose, die auch das Gehirn betreffen kann, in Frage. Ausgelöst wird die Krankheit durch ein massives Absterben von Nervenzellen, die den wichtigen Botenstoff Dopamin produzieren. Der gesunde Mensch hat davon etwa eine halbe Million, beim Parkinson-Patienten sind fast 400.000 davon unwiederbringlich verloren.
Behandelt wird die Krankheit daher mit Medikamenten, die den fehlenden Botenstoff Dopamin ersetzen. Da diese Medikamente dauerhaft für den Rest des Lebens eingenommen werden müssen, ist Parkinson wie viele andere chronische Krankheiten auch, kostenintensiv.
Vor allem der Kostendruck in den gesetzlichen Krankenkassen könnte auch vor Parkinson-Patienten nicht halt machen, warnen Nervenärzte. Insbesondere das Bonus-Malus-Gesetz könnte dazu führen, daß gesetzlich versicherte Parkinson-Patienten ihre nötigen Medikamente nicht mehr bekommen. Um so wichtiger ist es daher, auch Alternativen zu den Medikamenten zu haben, die die Krankheitssymptome lindern und die Lebensqualität erhalten können. Dazu gehört etwa die Hirnschrittmacheroperation, die bereits im klinischen Alltag angewendet wird.
Die periphere Neurostimulation des Gehirns von außen
Nun gibt es eine weitere therapeutische Option, die ein ähnliches Wirkungsspektrum hat wie der Hirnschrittmacher, mit dem Unterschied, daß keine belastende Operation durchgeführt werden muß. Dabei werden winzig kleine Titanspitzen in die Ohrmuschel dauerhaft eingepflanzt. Der Magdeburger Nervenarzt Dr. Ulrich Werth hat diese Methode entwickelt und bei mittlerweile über 2.000 an Parkinson leidenden Patienten deutliche Erfolge erzielen können.
So konnte bei vielen Betroffenen die Medikamentendosis erheblich verringert werden, sie wurden wieder beweglicher, geistig wacher und das Zittern verschwand. Seit der Behandlung des ersten Parkinson-Patienten 2001 hat Ulrich Werth die Implantatmethode („ewige Nadel“) stetig weiter entwickelt und um die therapeutischen Erfolge schneller zu erreichen, pflanzt er heute zwischen 70 bis 90 Titanimplantate ins Ohrgewebe ein. Da Titan ein nichtmagnetisches Metall ist, besteht auch kein Risiko bei erforderlichen Untersuchungen durch die Magnet-Resonanz-Tomographie (MRT). Außerdem gibt es keine allergischen Reaktionen auf Titan.
Wirkungsweise der peripheren Neurostimulation
Warum nun ausgerechnet das Ohr der geeignete Ort für eine Behandlung bei Parkinson ist, geht auf eine Entdeckung des französischen Arztes Paul Nogier vor etwa 50 Jahren zurück. Er fand heraus, daß auf dem Ohr der gesamte Körper und alle Organe abgebildet sind. Außerdem entdeckte er, daß durch Reizung bestimmter Akupunkturpunkte im Ohr, Störungen im Körperinneren beseitigt oder gelindert werden können.
Dies macht sich die periphere Neurostimulation mit Titanspitzen zunutze, mit dem entscheidenden Unterschied, daß nun die Stimulation anders als bei der klassischen Akupunktur durch die Implantation dauerhaft erfolgt.